Gisbert Bultmann
Rechtsanwalt & Notar a.D.
 

Was dann ?

20. November 2014



In seinem oscarprämierten Film „Das Meer in mir“ erzählt Alejandro Amenábar 2004 die wahre Geschichte des galizischen Seemanns Ramón Sampedro, der sich im Alter von 25 Jahren bei einem Badeunfall das Genick bricht und vom Hals abwärts vollständig gelähmt ist.

Sein Wunsch, in Würde zu sterben, wird von seiner Familie und anderen Menschen, die vorgeben, ihn zu lieben, ignoriert.

Man will ihn mit Durchhalteparolen bei der Stange halten, man will ihm sein Schicksal schmackhaft machen, man will ihn nicht verlieren.

Es ist der Egoismus der Anderen, der ihn zwangsweise am Leben erhält. Erst, als er eine Freundin findet, die für ihn Zyankali in einem Glas auflöst und es ihm mit einem Trinkhalm hinstellt, gelingt ihm ein selbstbestimmter Tod.

Wehe, man möchte dem säuerlichen Pflegeheim entgehen, wehe, man entscheidet sich dagegen, langsam und jämmerlich dahinzusiechen. Oder man will einfach nicht mehr. Keine Krankenkasse, kein Arzt hilft.

Sagen Sie nicht „Patientenverfügung“. Die sollte man haben, aber die regelt nur den alleräußersten Fall. Mir geht es um den Moment, in dem man noch sprechen kann, in dem man in der Lage ist, zu sagen: „Ich möchte nicht mehr leben.“

Was dann ?

              

"Auch werde ich niemanden ein tödliches Gift geben, auch nicht, wenn ich darum gebeten werde, und ich werde auch niemanden dabei beraten.“

Hippokrates, was haben Sie uns angetan ? Waren Sie berauscht, als Sie den Eid ersannen ?

Und Sie, meine Damen, meine Herren, die Sie heute die ethischen Richtlinien zum unbedingten Weiterleben vertreten:

Was geht Sie mein Tod an?

Ihren eigenen können Sie gern regeln wie sie wollen.

Und sind Sie sich Ihrer Sache ganz sicher? Sie sind vielleicht derzeit noch gut in Schuss? Sie stehen vielleicht noch nicht auf der Kippe, sind noch im Vollbesitz Ihrer geistigen und Körperlichen Kräfte? Das muss nicht so bleiben. Oder vielleicht kennen Sie jemanden, der Ihnen unterm Ladentisch ein paar Gramm Natrium-Pentobarbital verkauft, wenn es so weit ist?

Ich kenne keinen.

Tiere werden eingeschläfert, damit sie nicht leiden müssen.

Und wir ? Müssen wir uns wirklich an Krawatten aufknüpfen, müssen wir es Hemingway und Gunter Sachs gleichtun und uns in die Köpfe schießen, dass sie platzen? Müssen wir uns vor Züge werfen, von Hochhäusern und Brücken springen, müssen wir zu Sterbetouristen werden, uns hinkarren lassen auf einen Schweizer Parkplatz, nur weil wir nicht unter jeder Bedingung weiterleben möchten?

Wo bleibt hier der erste Paragraph des Grundgesetzes? Mit welchem Recht will ein Bischof oder Abgeordneter über die Modalität meines Lebens bestimmen? Warum soll ein Arzt mich beatmen, elektroschocken, operieren, zwangsernähren lassen, auf jedwede Art am Leben erhalten, wenn ich nicht mehr leben will?

Warum kann er mir nicht beim Sterben helfen? Warum muss er sich von den Funktionären seiner Berufsgenossenschaft vorschreiben lassen, was er darf und was nicht? Warum ist eine Krankenschwester, die aktive Sterbehilfe leistet, immer gleich ein “Todesengel“? Warum wird ein Sterbewilliger in die Illegalität, in die Unwürde getrieben?

Selbstbestimmung wird bei uns ganz groß geschrieben, sie ist das Kernstück der Menschenwürde, wie eine Monstranz tragen wir sie vor uns her, aber wenn es ans Sterben geht, dann gilt das plötzlich nicht mehr, dann wollen andere über uns bestimmen.

Unsere Gesellschaft ist überaltert, das Problem wird größer. Helft doch denen sterben, die ihr Leben beenden wollen. Gebt ihnen einen wohlschmeckenden, bunten Cocktail. Das muss nicht die Kasse übernehmen, das zahlen wir gerne selbst.

Schafft ein Gesetz, das uns das selbstbestimmte Sterben möglich macht.

Keine Sorge, es werden genug übrig bleiben.

Else Buschheuer, Verrückt bleiben, 2012

                     

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