Einkommensanrechnung nach Hartz IV : Bei nicht-ehelichen Paaren verfassungsgemäß - bei Stiefeltern rechts-widrig !
1. Die Anrechnung des Partnereinkommens in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft im Rahmen von Leistungen nach dem durch die Hartz IV-Reformen geschaffenen Sozialgesetzbuch II begegnet keinen verfassungsrechtlichen Zweifeln.
Die Berücksichtigung anderer Lebens -, Haushalts - und Wirtschaftsgemeinschaften sowie von Gemeinschaften zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern, die nicht Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz sind, oder von Verwandten ist verfassungsrechtlich nicht erforderlich.
Das hat der zuständige 9. Senat des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen in drei Beschlüssen vom 12. Mai und vom 21. April 2005 festgestellt und damit anderslautende Entscheidungen des Sozialgerichts Düsseldorf geändert. Die Verfahren betrafen nicht-eheliche Elternpaare mit gemeinsamen Kindern. Bei der Antragstellung war das Bestehen einer nichtehelichen Lebens-gemeinschaft und das Vorhandensein von Einkommen bzw. Vermögen der Väter jeweils abgestritten oder verschwiegen worden. Nach den gerichtlichen Feststellungen war das Vorliegen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit der für den einstweiligen Rechtsschutz erforderlichen Gewissheit jedoch nachweisbar.
Im einen Fall lebten die Antragsteller über viele Jahre zusammen und hatten vier gemeinsame Kinder. Der Familienvan des erwerbstätigen Vaters parkte täglich - auch über Nacht - auf dem Parkplatz vor dem Haus. Sein Name stand in gravierter Schrift auf dem Klingelbrett.
Auch im zweiten Fall kümmerte sich der Vater, der über eigenes Einkommen verfügt, um ein gemeinsames Kind mit der Antragstellerin und blieb auch über Nacht bei ihr. Den Einwand, er lebe in einer 1-Zimmer-Wohnung von 45 m2 gemeinsam mit seiner Mutter, wo er polizeilich gemeldet sei, befanden die Richterinnen und Richter des Landessozialgerichts nicht für glaubhaft, zumal sich die vom Vater genutzte Herrenbekleidung, Badutensilien und ein gemeinsames Doppelbett in der Wohnung der Antragstellerin befanden.
Im dritten Fall schließlich sprach nach Auffassung des 9. Senats ein schriftlicher Mietvertrag zwischen Antragstellerin und ihrem Vermieter nicht gegen die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft zwischen beiden, da der vermeintliche Vermieter bei einem Hausbesuch in Unterhose in der gemeinsamen Wohnung angetroffen wurde, sich dort erkennbar ungezwungen bewegte und zu Hause fühlte, und es zudem nicht glaubhaft erschien, dass er selbst nur zwei kleine Dachzimmer ohne Bad im Haus bewohnen wollte.
2. Soweit die nach Hartz IV zuständigen Sozialleistungsträger indes das Einkommen von Lebenspartnern auch bei einem Kind als Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft anspruchsmindernd anrechnen wollten, wenn der Partner nicht Vater oder Stiefvater des Kindes ist, sprach der erkennende Senat den Antragstellern die begehrte höhere Leistung zu. Denn die zugrundeliegende gesetzliche Bestimmung begründet für derartige Partner keine Stellung als Unterhaltsverpflichteter.
Landessozialgericht NRW ( Essen ) 30.05.2005 : Aktenzeichen L 9 B 4/05 SO ER, L 9 B 6/05 SO ER, L 9 B 12/05 AS ER
Volltext unter http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/
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